Die Sedimente, die das Forscherteam des SFB 806 am Chew Bahir in Äthiopien zu Tage gefördert hat, werden in Köln genau untersucht und analysiert. Für Dr. Finn Viehberg vom Institut für Geologie und Mineralogie stehen hierbei fossile Ostrakoden besonders im Fokus. Ostrakoden sind winzige Krebse von meist 0.4 bis 1 Millimeter Größe. Aber so klein sie auch sind, so viel haben sie zu erzählen. Je nach Vorkommen, Art und Form können die Fossilien Auskunft darüber geben, wie die Klima- und Umweltbedingungen früher waren. Wie salzig war das Wasser, in dem die Ostrakoden lebten? Gab es während einer bestimmten Periode viel Niederschlag oder war es eher trocken?
Ostrakoden haben zwei gewölbten Schalenklappen, die den weichen Körper umschließen. Sie erinnern in ihrer Form an Muscheln, daher auch der deutsche Name ‚Muschelkrebse‘. Es gibt tausende unterschiedliche Arten, die sich in verschiedensten Umgebungen zurecht finden. Ob in tiefem oder flachem Gewässer, als Aas- oder Algenfresser, für praktisch jeden Lebensraum gibt es Ostrakodenarten. „Diese Diversität und die gute fossile Erhaltungsfähigkeit machen sie zu einem besonders interessanten und wertvollen Forschungsobjekt.“ so Dr. Viehberg.
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Um die Informationen der Ostrakoden aber überhaupt analysieren zu können, müssen sie zunächst einmal aus den Sedimenten isoliert werden. Dafür werden die Bohrkerne aufgeschnitten, stückchenweise ausgewaschen und gesiebt. Die Proben werden dann katalogisiert und unter einem Rasterelektronenmikroskop begutachtet. In Zeiten von hochtechnologisierten Messinstrumenten oder Altersbestimmungen anhand von Radiokarbonmessungen wirkt dies fast etwas antiquiert, umso faszinierender ist es aber, dass auch eine scheinbar simple Mikroskopierung noch erstaunliche Ergebnisse liefern kann.
![]() Die Bohrkerne werden in der Mitte geteilt - dann folgt eine erste Begutachtung. |
![]() Mit dem Mikroskop werden die Ostrakoden analysiert und kategorisiert. |
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Bei einer Größe von unter einem Millimeter sind die Schalen der Ostrakoden natürlich sehr sensibel. Die einzelnen Klappen können leicht zerdrückt werden und brechen schnell auseinander. „Die Ostrakoden, deren Schalen aber noch komplett zusammen hängen, sind besonders interessant. Sie verraten, dass der Muschelkrebs genau an dieser Stelle gelebt hat, an der auch das Fossil geborgen wurde. Das ist wichtig für die genaue Ermittlung der lokalen Umweltbedingungen.“
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Manche Ostrakoden bilden unter bestimmten Bedingungen morphologische Besonderheiten aus. Ihre Körperform weicht von der normalen Ausprägung ab. „Bei einigen Ostrakoden aus den Chew Bahir Sedimenten haben wir etwa verstärkte Buckelbildung festgestellt. Dass lässt bei dieser Art auf eine erhöhte Salinität, also einen hohen Salzgehalt des Wassers.“ Zusammen mit der Datierung der Sedimente lässt sich also eine konkrete Aussage über die Beschaffenheit des Chew Bahir zu einer bestimmten Zeit treffen. So lässt sich Stück für Stück und Bohrkern für Bohrkern die Umwelt, in der der frühe moderne Mensch gelebt hat, rekonstruieren.